Ski-Transalp 2014
Montag, 24. März 2014 - Sonntag, 30. März 2014
„Lasst uns mal eine Transalp auf Skiern machen. Mit dem Mountainbike kann es ja jeder.” Alles begann also mit der Idee unseres Tourguides Herbert Pfaller. Und wir, Hans-Jürgen Strobel, Fritz Grabisch und Ralf Eiba fingen sofort Feuer und waren dabei.
Nach einem Jahr Planungsarbeit warten auf dann doch auf einmal Arlberg, Silvretta, Engadin, Ortler, Adamello und schließlich der Gardasee auf uns vier Eichstätter.
In sieben Etappen hat Herbert die anspruchsvolle Ski-Transalp aufgeteilt. Von Oberstdorf nach Riva del Garda. Wo es geht, sollen Aufstieghilfen die Zeit verkürzen, damit auch noch ein paar Gipfelerlebnisse die weite Strecke schmücken können.
Am Montag, 24. März 2014 geht es los – und das gleich richtig: Ein plötzlich hereinbrechendes Tief bringt Unmengen von Schnee im nördlichen Alpenraum – und am meisten davon scheinbar in der Region Oberstdorf, wo unsere Tour beginnt. Die Skihochtourenausrüstung im Rucksack, die Felle aufgezogen, steigen wir trotzdem von Baad im Kleinwalsertal in dichtem Schneetreiben schnell und steil aufwärts Richtung Hochtannbergpass. Unverspurter, locker leichter Tiefschnee, mehr als ein Meter. Ein Hauch von Nichts – wir stehen bis zu den Hüften darin. Nach zwei Stunden anstrendender Spur-Arbeit wird die Lawinensituation zu gefährlich: Wenige hundert Meter vor dem Pass müssen wir umdrehen und folgen etwas enttäuscht Herbert zurück ins Tal. Nach einer herrlichen Tiefschneeabfahrt durch den frischen, lockeren Schnee, der gefühlt bis an die Kinnspitze reicht, stehen wir drei Stunden nach unserem Aufbruch wieder an unserem Ausgangspunkt und haben trotzdem schon 700 Höhenmeter in den Beinen. Die Ulmer Hütte als Etappenziel ist gestrichen. Statt mitten auf dem Berg übernachten wir, nach einer langen Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, in Warth am Arlberg.
Mit dem ersten Lift schaukeln wir uns am nächsten Morgen über den Arlberg, steigen über die Roßfallscharte auf, um nach einer kurzen Abfahrt und Wiederaufstieg nach Kappl abzufahren. Über 1.000 Höhnemeter Aufstieg kommen so zusammen. Mit dem Taxi geht es weiter nach Ischgl. Im Rucksack haben wir leider ein paar Stunden Verspätung vom gestrigen Tag, die uns heute bis in die Dunkelheit hinein unterwegs sein lässt. Der Spaß kommt trotzdem nicht zu kurz, per Ski-Doo geht es rasant im Skijöring-Stil hoch zur Heidelberger Hütte.
Am nächsten Morgen sind wir zeitlich wieder im Soll. Wir starten früh über den Piz Tasna ins schweizerische Inntal und weiter nach Scuol, das wir über das örtliche Skigebiet erreichen. Die notwendige Bergfahrt bekommen wir auch noch spendiert. Aber das Komfort-Highlight für uns harte Jungs ist die Fahrt per Pferdekutsche hinauf in das Val S-Charl zum Hotel Mayor. Warm eingepackt in Lammfell-Decke und mit heißer Wärmflasche im Rücken, fehlt nur noch der Glühwein in der Hand und die Pantoffeln an den Füßen. Da verschmerzt man leicht, dass der "Outdoor-Whirlpool" nicht funktioniert – das Fass ist eingefroren. Trotz Kutschfahrt sind wir wieder um die 1.000m aufgestiegen.
Nach angenehmer Nacht im Doppelzimmer und einem original Schweizer Frühstück geht es am nächsten Morgen durch das schattige Tal am Clemgia-Bach entlang, 500 Hm hinauf über den Cruschetta Pass der Sonne und Italien entgegen. Auf den letzten Schneeresten schaffen wir es weit hinunter bis zur Landstraße bei Taufers in Südtirol. Über Prat am Stilfser Joch fahren wir hinauf nach Sulden und mit der Gondelbahn weiter bis zur Schaubachhütte. Bei unserem Nachmittagsspaziergang haben wir immer nochmal über 800 Höhenmeter zu überwinden. Mit Blick auf König Ortler steigen wir bis auf 3.200 Meter auf – zum Etappenziel ins Rifugio Casati. Der wunderschöne sonnige Tag wandelt sich plötzlich in einen stürmischen Spätnachmittag mit Wolken und Nebel. Ab 3.000 m pfeift uns der Wind um die Ohren, die Sicht schrumpft auf wenige Meter. Die Wegsuche wird zur Anstrengung und ist nur mit dem GPS zu bewerkstelligen. Im Rifugio Casati erwartet uns dafür ein leckeres italienisches Bergsteigeressen und ein eisiges Vierbett-Zimmer.
Früh am Morgen, vor allen anderen Hüttengästen, geht es wieder los. Eisig ist die Luft, aber die Sonne wärmt uns bald auf und begleitet uns über den Tag. Der Monte Cevedale mit 3.769 m ist unser Tagesgipfel, den wir noch am Vormittag erklimmen. Eine traumhafte Abfahrt in weißer Einsamkeit führt uns vom Gipfel hinab ins Val di Sole nach Peio, 1.800 Hm geht es hinunter. Leider rauben uns sowohl die italienische Sonne als auch eifrige Schneeräumer den notwendigen Schnee auf dem einzig möglichen Weg: Wir müssen über zehn Kilometer ins Tal hinunter laufen. Mit den Skischuhen und kompletter Ausrüstung ist das kein wirklicher Spaß. Erst auf den letzten Kilometern holt uns ein freundlicher Touristiker aus Peio ab. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass ein paar Verrückte unterwegs sind. Aber wir können nicht verweilen, müssen nach einer kurzen Stärkung schon wieder weiter – der Etappenplan drängt. Ein Taxi bringt uns zum Passo Tonnale und der Lift weiter zur Bergstation am Cima Presena. Junge Italienische Frauen, in kurze Hosen gewandet, verbreiten auf der Skipiste trotz der Minusgrade erstes Gardasee-Feeling. Über einen kleinen Sattel geht die Tour weiter durch die aufregende und vergletscherte Adamello-Gruppe und wir steigen noch einmal über 500 Hm mit der untergehenden Sonne hinauf in das modern umgebaute Rifugio ai Caduti dell’Adamello auf 3.040 m Meereshöhe – unserem Etappenziel. Über 12 Stunden waren wir unterwegs, dabei sind wir über 1.000 Hm nach oben, und etwa 500 Hm nach unten gelaufen.
Und wieder geht es am nächsten Tag mit den ersten Sonnenstrahlen weiter: Einige Gratüberschreitungen und lange, flache Gletscherpassagen führen uns weit in den Süden – zum Carè Alto. Dieser vergletscherte Gipfel markiert den südlichen Teil der Adamello-Gruppe und sollte ein Höhepunkt unserer Transalp sein. Mit Steigeisen, Seil und Pickel wollen wir auf 3.465 m ein Gipfelfoto für das Album machen. Doch der schon weit fortgeschrittene Tag und die schwierigen Verhältnisse mit eisigen Überhängen bewegen uns dazu, ohne "Gipfelglück“ abzufahren – und das durch einsame Bergwelten und unberührten Schnee. Schwung auf Schwung hinunter, grobe Richtung „Gardasee”. Da auch hier in den Tälern kaum mehr Schnee vorhanden ist, bringt uns ein Forstarbeiter die letzen Kilometer per PKW ins Tal und ein freundlicher Rentner weiter zu unserem Etappenziel nach Lezumo. Nun trennt uns nur mehr ein Berg vom Gardasee.
So weit wir am Vortag mit dem Auto die letzten Meter vom Berg ins Tal fuhren, müssen wir heute wieder mit dem Auto hinauf bis zur Schneegrenze. Über das Rifugio Pernici geht es die letzten 500 Hm über die Malga Grassi hinunter Richtung Lago di Ledre – und anschließend mit dem Auto an das Ufer des Gardasee. Ein würdiger Abschluss: das Foto mit Skiausrüstung am Yachthafen von Riva. Geschafft – eine anstrengende Tour mit langen Tagesetappen vom Kleinwalsertal zum Gardasee liegt hinter uns.